Wer schon einmal vorzeitig ein Darlehen mit festem Zinssatz seiner Bank zurückgezahlt hat, wird schon Bekanntschaft mit einem besonderen Phänomen gemacht haben: grundsätzlich steht dann der Bank nicht nur ein Anspruch auf das restliche Kapital zu, sondern auch ein Ausgleich für die vertraglichen Zinsen, die bis zum regulären Ablauf des Darlehens noch zukünftig angefallen wären. Letzteres stellt die sogenannte Vorfälligkeitsentschädigung dar.
Im Gesetz (§502 BGB) ist eine genauere Regelung zu den Fragen enthalten, wann und in welcher maximalen Höhe diese Entschädigung bezahlt werden muss, wobei das Gesetz hier den Banken gewisse Freiheiten bei der Art der Berechnung und der Höhe lässt.
Zum einen handelt es sich bei der Berechnung um einen komplizierten finanzmathematischen Rechenvorgang, bei dem die weggefallenen Zinsen einerseits und die Möglichkeiten der Wiederanlage des vorzeitig zurückerhaltenen Kapitals nebst ersparter Verwaltungskosten der Bank andererseits berechnet werden müssen. Da es verschiedene Rechenmethoden gibt, waren Auseinandersetzungen der Bank mit den Kunden schon oft Gegenstand gerichtlicher Verfahren.
Entscheidend ist zunächst, dass die Bank in dem Darlehensvertrag dem Kunden klar schriftlich vor Augen führt, welche Laufzeit der Vertrag hat, dass und sodann wann dem Kunden ein Kündigungsrecht zusteht und wie sich die Höhe einer Vorfälligkeitsentscheidung errechnet. Die Berechnungsmethode (von den Gerichten werden sowohl die sogenannte Aktiv-/Passivmethode als auch die Aktiv-/Aktivmethode akzeptiert) muss für einen Durchschnittskunden wenigstens in groben Zügen nachvollziehbar und verständlich sein. Fehlt es daran, steht der Bank keine Vorfälligkeitsentschädigung zu. Insbesondere bei Immobiliendarlehen, bei denen oftmals mehrere Hunderttausend Euro vergeben wurden, geht es je nach Restlaufzeit des Darlehens mitunter um zig-Tausende Euro, die auf dem Spiel stehen. Deswegen müssen Banken einerseits darauf bedacht sein, die Informationen klar und verständlich darzustellen, die Kunden andererseits im Fall der Fälle die Vertragsbedingungen genau unter die Lupe nehmen, ob diese Erfordernisse erfüllt sind.
Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofes muss die Bank hierbei nicht die Methode genau benennen oder sonstige finanzmathematische Berechnungsformeln aufführen. Es genügen sonstige allgemeinverständliche Angaben, aus denen der Verbraucher die Art und Höhe der Berechnung der Entschädigung nachvollziehen und seine Belastung, d.h. die Höhe der Entschädigung zuverlässig abschätzen kann.
Angesichts der Komplexität der Materie versteht es sich von selbst, dass dies für die Bank zu einer Herausforderung bei der Formulierung führen kann: schreibt sie zu wenig und/oder unklar hierzu etwas in den Vertrag, läuft sie Gefahr, ihren Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung zu verlieren. Schreibt sie hierzu besonders viel und ausführlich in den Vertrag, kann es passieren, dass ein Verbraucher verwirrt ist und die falschen Schlüsse zieht. Dann kann ebenso ein Anspruch auf Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung entfallen.
In aller Regel erfüllen die Banken ihre Aufklärungspflicht, jedoch ist in einzelnen Fällen, insbesondere in Verträgen, die noch kurz nach der Änderung der Gesetzeslage im Jahr 2010 abgeschlossen wurden, zu beobachten, dass die Banken den Anforderungen nicht zur Genüge nachgekommen sind, sodass es sich lohnt, näher hinzuschauen und den Vertrag durch einen Experten prüfen zu lassen.