Eine Erbschaft ist nicht immer erfreulich: Neben der Abwicklung der Angelegenheiten des Erblassers, die viel Arbeit mit sich bringen kann, kann es bei einem überschuldeten Nachlass dazu kommen, dass man selbst noch für die Schulden des verstorbenen Erblassers aufkommen muss.
Nach deutschem Recht erhält der gesetzliche oder durch Testament bestimmte Erbe direkt die Erbschaft mit allen Rechten und Verpflichtungen, ohne dass es einer ausdrücklichen Annahme der Erbschaft bedarf.
Um eine Haftung des Erben für Schulden des Erblassers zu vermeiden, sieht das Gesetz die Möglichkeit vor, dass man eine Erbschaft ausschlägt. Zum einen muss dies formwirksam entweder beim Notar oder zu Protokoll beim Nachlassgericht erklärt werden. Zum anderen ist die Frist nach dem Gesetz Recht kurz und beträgt nur sechs Wochen ab dem Zeitpunkt, ab dem man vom Ableben des Erblassers und über die Tatsache, dass man zum Erben berufen ist, Kenntnis erhält. In der Regel geschieht dies im Falle eines Testaments durch Übersendung dieses Testaments durch das Nachlassgericht an den Erben. Wenn jedoch kein Testament vorhanden ist und daher die gesetzliche Erbfolge eintritt, wird das Nachlassgericht von Amts wegen nicht tätig. Dann beginnt die Frist ab dem Zeitpunkt, ab dem man darum weiß, dass kein anderslautendes Testament vorhanden ist und man von Gesetzes wegen erbt.
Wenn keine enge Verbindung zu dem Erblasser vor dessen Tod bestand, weiß ein Erbe aber oft gar nicht, was im Nachlass vorhanden bzw. nicht vorhanden ist. Es stellt sich dann das Problem, dass man gar nicht verlässlich feststellen kann, ob der Nachlass nun werthaltig oder überschuldet ist. Hierzu müsste man ja dann zum einen wissen, wo der Erblasser eventuell Vermögen hat, d.h. die Bankverbindungen, Lebensversicherungen etc. kennen. Sind in den persönlichen Unterlagen des Erblassers hierzu keine vollständigen Dokumente vorhanden, müsste man bei den betroffenen Banken, Versicherungen und anderen Institutionen Rückfrage halten. Diese verweigern jedoch eine Auskunft ohne Nachweis, dass man Erbe geworden ist. An diesem Punkt beißt sich die Katze in den Schwanz: um also genauere Auskunft zu bekommen, müsste man erst zum Nachweis der Erbeneigenschaft beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragen. Dies kostet Zeit und Geld. Außerdem hat dies die Konsequenz, dass man durch die hiermit erklärte Annahme der Erbschaft grundsätzlich nicht mehr ausschlagen kann, wenn die dann eingeholten Auskünfte bei Banken, Versicherungen etc. ergeben, dass der Nachlass nicht werthaltig ist. Es bleibt dann lediglich die Möglichkeit, die Annahme der Erbschaft unverzüglich nach Kenntnis der Überschuldung wegen Irrtums anzufechten, wozu wiederum über den Notar oder bei dem Nachlassgericht formwirksam entsprechende Erklärungen abgegeben werden müssen. Die Gerichte akzeptieren zwar die Wirksamkeit einer solchen Anfechtungserklärung, wenn man im Irrtum über die Werthaltigkeit des Nachlasses war, jedoch ist dies nach vorstehenden Ausführungen mit entsprechenden Komplikationen und gegebenenfalls Nachweisschwierigkeiten verbunden.
Eine Möglichkeit, die kurze Frist von sechs Wochen zur Ausschlagung zu verlängern, besteht darin, als potentieller Erbe seinen Wohnsitz kurzfristig ins Ausland zu verlegen, wenn man die Übersendung eines entsprechenden Testaments durch das Nachlassgericht erwartet. Dann beträgt die Ausschlagungsfrist nach dem Gesetz sechs Monate. Da dies jedoch ebenso mit erheblichen Umständen und gegebenenfalls Kosten verbunden ist, ist dies nur im Ausnahmefall ein ratsamer Weg.
Zu berücksichtigen ist ferner, dass nach einer Ausschlagung in der Regel, soweit nicht testamentarisch etwas anderes verfügt ist, das Erbe dann den Nachfahren des ausschlagenden Erben, also den Kindern anfällt. Es muss dann daran gedacht werden, dass auch diese die Erbschaft ausschlagen. Bei minderjährigen Kindern können dies die Eltern tun. Eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung ist hierfür nicht notwendig, wenn die Kinder nur durch die Ausschlagung ihre eigenen Eltern zum Erbe aufrücken. Etwas anderes gilt nur, wenn in einem Testament z.B. von Großeltern die Enkelkinder direkt als Erben benannt wurden. In diesem Fall benötigen dann die enterbten Kinder als Eltern der minderjährigen Enkelkinder eine vormundschaftsgerichtliche Genehmigung für die Ausschlagung, so dass auch in einem solchen Fall Eile geboten ist.
In allen Fällen, in denen nicht rechtzeitig eine Ausschlagung herbeigeführt werden kann oder die Anfechtung der Annahme einer Erbschaft aus welchen Gründen auch immer nicht wirksam ist, bleibt zum einen die Möglichkeit, ein Nachlassinsolvenzverfahren in die Wege zu leiten. Zum anderen hat der Erbe immer noch die Möglichkeit, gegenüber den Gläubigern des Erblassers den Einwand der so genannten beschränkten Erbenhaftung zu machen. Dies bedeutet im Ergebnis, dass man nicht mit seinem Privatvermögen für Schulden des Erblassers haftet, sondern nur insoweit, als dieser positive Vermögenswerte hinterlassen hat.