Der prominente Fall des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Volkswagen AG Martin Winterkorn hat die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die Möglichkeit einer Steueroptimierung gelenkt, die bei unbeteiligten Personen ohne juristisches Hintergrundwissen ungläubiges Staunen hervorgerufen hat. Diese Gestaltungsmöglichkeit wird gemeinhin als Güterstandsschaukel bezeichnet.
Was steckt dahinter?
Wer bei der Heirat keinen Güterstand der Gütertrennung oder Gütergemeinschaft wählt, lebt automatisch in einer so genannten Zugewinngemeinschaft. Eheleute, die ein stark unterschiedliches Vermögen besitzen, können zur Vermeidung von Haftungsrisiken des „reichen“ Ehegatten solches Vermögen an den „armen“ Ehegatten übertragen. Dies war offensichtlich ja der Hintergrund bei Herrn Winterkorn, der im Rahmen der Dieselaffäre im Kreuzfeuer der Kritik steht und möglicherweise wegen der Schädigung der Autobesitzer und der Aktionäre persönlich in Haftung genommen wird. Das Millionenvermögen, das seiner Ehefrau übertragen wurde, bliebe für die Gläubiger unangreifbar, sofern nicht diese Vermögensübertragung nach speziellen Regelungen des Anfechtungsgesetzes durch Gläubiger noch angefochten und damit rückgängig gemacht werden kann.
Bei solchen Vermögensübertragungen unter Ehegatten fällt wie bei sonstigen Schenkungen aber Schenkungsteuer an. Zwar gibt es auch hier unter Ehegatten hohe Freibeträge von 500.000 €, jedoch ist bei darüber hinausgehenden Beträgen die anfallende Steuerlast erheblich. Keine Schenkungsteuer fällt jedoch an, wenn es sich bei der Vermögensübertragung nicht um eine Schenkung, sondern um eine entgeltliche Leistung handelt. Hier setzt die Güterstandsschaukel an: Die Eheleute vereinbaren notariell Gütertrennung, weil dann automatisch ein Anspruch des anderen“ ärmeren“ Ehegatten auf Ausgleich des bislang entstandenen Zugewinnausgleiches entsteht. Dieser wird ebenso notariell geregelt und ausgezahlt, ohne dass Steuern hierauf anfallen. Sodann wird kurze Zeit später in einer getrennten notariellen Urkunde erneut die Zugewinngemeinschaft vereinbart, um für spätere Fälle wiederum mit dem gleichen Instrument und der gleichen Verfahrensweise Schenkungssteuern zu sparen. Dieses Hin und her zwischen den Güterständen wird mit einer Schaukel versinnbildlicht.
Bislang hat die Finanzverwaltung eine solche Handhabung geduldet und hierin keinen Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten gesehen. In einem Urteil aus dem Jahr 2005 hat der Bundesfinanzhof ebenso entschieden, dass ein solcher Wechsel des Güterstandes allein ohne Hinzutreten besonderer Umstände keine rechtsmissbräuchliche Gestaltung ist. Es ist klar, dass diese steuerliche Gestaltungsmöglichkeit nur reichen Eheleuten mit erheblichem Vermögen offensteht, was in der „normalen“ Bevölkerung für Unmut sorgt. Vielleicht fühlt sich im Fall des Herrn Winterkorn aber auch die Finanzverwaltung “verschaukelt“ und sieht sich den Fall einmal genauer an, um so doch noch eine Änderung der Handhabung mit diesem Gestaltungsinstrument herbeizuführen.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Familienrecht Helmut Müller