In meinen vorherigen Beiträgen zur Kündigung des Arbeitsvertrages haben wir festgestellt, dass in einem Betrieb, der in der Regel mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, das Kündigungsschutzgesetz gilt. Dann braucht ein Arbeitgeber zur wirksamen Kündigung eines Arbeitsvertrages einen Kündigungsgrund.
Das Kündigungsschutzgesetz kennt drei Arten von Kündigungen, aus denen ein Arbeitgeber sozial gerechtfertigt kündigen darf. Personenbedingte Kündigungen habe ich im letzten Beitrag des Rechtstipps zum Arbeitsrecht dargestellt. Heute geht es um die verhaltensbedingte Kündigung. Im nächsten Beitrag wird dann die Möglichkeit einer Kündigung aus betrieblichen Gründen dargestellt.
Eine verhaltensbedingte Kündigung ist dann möglich, wenn der Arbeitnehmer gegen rechtliche Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag verstoßen hat und dem Arbeitgeber daher die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann.
Zur verhaltensbedingten Kündigung sind vier Voraussetzungen notwendig:
1. Es muss ein erheblicher Verstoß des Arbeitnehmers gegen den Arbeitsvertrag vorliegen.
2. Dieser Pflichtverstoß muss vom Arbeitnehmer verschuldet worden sein, das heißt, er muss diesen vorsätzlich oder zumindest fahrlässig begangen haben. Außerdem muss der Pflichtverstoß rechtswidrig sein.
3. Vor der Kündigung muss der Arbeitgeber wegen eines vergleichbaren Pflichtverstoßes den Arbeitnehmer abgemahnt haben. Eine Kündigung ohne Abmahnung wird in der Rechtsprechung in der Regel als unverhältnismäßig angesehen.
4. Bevor der Arbeitgeber verhaltensbedingt kündigt, muss er eine sogenannte Interessenabwägung durchführen. Er muss seine Interessen gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers abwägen und zum Ergebnis kommen, dass seine überwiegen.
Verstöße gegen den Arbeitsvertrag können in vielfältiger Art und Weise vorliegen. Beispielhaft können Arbeitsverweigerung, fehlerhafte Leistung, Zuspätkommen, Nichteinhaltung von Verboten (Alkohol, Rauch, private Telefonate, Nutzung des Internets für private Zwecke usw.) genannt werden.
Wenn solche Pflichtverstöße feststehen, wird die Rechtswidrigkeit und das Verschulden des Arbeitnehmers vermutet. Es liegt deshalb am Arbeitnehmer, die Rechtswidrigkeit seines Tuns unter Umständen durch einen Rechtfertigungsgrund zu widerlegen bzw. darzulegen, dass ihn am Arbeitsvertragsverstoß kein Verschulden trifft.
Kernstück einer verhaltensbedingten Kündigung ist die Abmahnung. Ohne Abmahnung ist eine verhaltensbedingte Kündigung in der Regel unwirksam.
Bei der Abmahnung machen die Arbeitgeber auch die meisten Fehler. Manche mahnen überhaupt nicht ab oder meinen, dass mündliche Ermahnungen eine Abmahnung im Sinne der Rechtsprechung darstellen. Die Rechtsprechung hat jedoch für die Wirksamkeit einer Abmahnung, auf die eine verhaltensbedingte Kündigung gestützt werden kann, klare Regeln aufgestellt.
Einmal muss der Arbeitgeber das tatsächliche Verhalten, weshalb er den Arbeitnehmer abmahnt, konkret darlegen. Dies muss so genau erfolgen, dass der Arbeitnehmer weiß, was der Arbeitgeber ihm vorwirft. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber sowohl Tag als auch Uhrzeit des Vertragsverstoßes und die Art und Weise des Vertragsverstoßes im Abmahnungsschreiben darstellen muss.
Weiter muss der Arbeitgeber in der Abmahnung das Verhalten des Arbeitnehmers ausdrücklich als Arbeitsvertragsverstoß bezeichnen und ihn auffordern, ein solches Verhalten in Zukunft zu unterlassen.
Entscheidend ist jedoch, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in der Abmahnung androht, dass für den Fall, dass sich ein solches Verhalten des Arbeitnehmers wiederholt, dieser mit einer Kündigung rechnen muss.
Das Schreiben des Arbeitgebers, das diese Voraussetzungen nicht erfüllt, wird von den Arbeitsgerichten als Abmahnung nicht anerkannt, sodass eine darauf gestützte Kündigung unwirksam ist.
Wiederholt fällt auch auf, dass Arbeitgeber meinen, sie könnten wegen eines vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitnehmers sowohl abmahnen, als auch gleichzeitig eine Kündigung aussprechen. Auch dies führt zur Unwirksamkeit der Kündigung. Eine wirksame, verhaltensbedingte Kündigung setzt eine vorherige Abmahnung voraus, die sich auf einen anderen Sachverhalt stützen muss als den Sachverhalt, auf den später eine verhaltensbedingte Kündigung gestützt wird. Erst wenn ein Arbeitnehmer einen vergleichbaren Arbeitsvertragsverstoß begeht, wegen dem er bereits abgemahnt wurde, rechtfertigt der Wiederholungsfall die verhaltensbedingte Kündigung.
Lediglich in Ausnahmefällen ist eine verhaltensbedingte Kündigung auch ohne Abmahnung möglich. Dies gilt vor allem bei Pflichtverstößen im Vertrauensbereich. Solche sind beispielsweise Betrug und Diebstahl zu Lasten des Arbeitgebers.
In solchen Fällen geht die Rechtsprechung davon aus, dass die Arbeitsvertragsverstöße so schwerwiegend sind, dass auch durch eine Abmahnung das verlorene Vertrauen des Arbeitgebers in den Arbeitnehmer nicht wiederhergestellt werden kann.
Auch wenn ein Arbeitgeber mit seiner verhaltensbedingten Kündigung die ersten drei Voraussetzungen (Pflichtverstoß, Rechtswidrigkeit und Verschulden, Abmahnung) erfüllt, muss er noch seine Interessen gegenüber den Interessen des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsverhältnisses abwägen. Eine solche Interessenabwägung kann beispielsweise dann zugunsten des Arbeitnehmers ausgehen, wenn dieser eine lange Betriebszugehörigkeit hat, in der er für den Arbeitgeber ohne Beanstandungen gearbeitet hat. Für den Arbeitnehmer können auch dessen soziale Situation sprechen, wenn er beispielsweise wegen fortgeschrittenen Alters keine andere Arbeitsstelle mehr findet und kurz vor der Rente steht.
Zu Lasten des Arbeitnehmers wäre zu berücksichtigen, wenn sein Arbeitsvertragsverstoß im Betrieb erhebliche Störungen verursacht hat.
Die Ausführungen zeigen, dass es für den Arbeitgeber nicht einfach ist, wirksam eine verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen. Ein Arbeitnehmer sollte diese immer prüfen und im Zweifel Kündigungsschutzklage erheben. Von entscheidender Bedeutung ist dabei, dass der Arbeitnehmer die Kündigungsschutzklage innerhalb von 3 Wochen erhebt, nachdem ihm die Kündigung zugegangen ist. Ansonsten wird die Kündigung bestandskräftig und kann nur noch in Ausnahmefällen vor Gericht angegriffen werden.
Das Wichtigste für den Arbeitnehmer, dem verhaltensbedingt gekündigt wurde, kommt jedoch jetzt am Schluss.
Bei einer verhaltensbedingten Kündigung droht bei der Agentur für Arbeit in der Regel eine Sperre von 12 Wochen beim Bezug von Arbeitslosengeld. Die verhaltensbedingte Kündigung zeigt, dass der Arbeitnehmer durch sein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben hat. Er hat damit aus Sicht der Agentur für Arbeit, seine Arbeitslosigkeit vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt. Dies führt in der Regel dann zu der oben genannten Sperrzeit beim Bezug des Arbeitslosengeldes. Eine verhaltensbedingte Kündigung sollte daher auf alle Fälle vor dem Arbeitsgericht angefochten werden. Ziel einer solchen Klage muss dann sein, einen Vergleich auszuhandeln, wonach das Arbeitsverhältnis nicht aus verhaltensbedingten, sondern aus anderen Gründen beendet wurde. Mit einem solchen Vergleich kann der Arbeitnehmer dann in der Regel die 12-wöchige Sperre beim Bezug des Arbeitslosengeldes verhindern.