Zurzeit nehmen die Meldungen wegen ausgefallener oder verspäteter Flüge in der jetzigen Urlaubszeit ständig zu. Zum einen bedingt durch Personalausfälle infolge Erkrankung, aber auch infolge abgebauter Arbeitsplätze durch die Flughäfen und Flugunternehmen nach der Corona-Pandemie. Dies führte auch hier am Flughafen Saarbrücken zu vielen Ärgernissen und Chaos. Die betroffenen Passagiere konnten zum Teil nicht oder nur verspätet in den Urlaub starten. Teilweise funktionierten aber auch die Rückflüge nicht wie angekündigt. Die betroffene Fluglinie SmartLynx stammt aus Estland, versprach Besserung für die Zukunft und kundenfreundliche Lösungen bei den bisherigen Pannen. Die Realität sieht leider anders aus. Immer wieder müssen Passagiere feststellen, dass sie nicht wie gebucht abfliegen können, über Verspätungen oder Ausfälle nicht einmal richtig und rechtzeitig informiert werden. Daher stellt sich für viele Geschädigte die Frage, welche Entschädigungsansprüche ihnen zustehen.
Wer eine Pauschalreise gebucht hat, kann Ansprüche auf Reisepreisminderung und Schadensersatz wegen vertanen Urlaubs gegenüber dem Reiseveranstalter geltend machen. Die Höhe hängt von der Dauer der Verspätung und des entgangenen Urlaubes ab. Der Vorteil der Geltendmachung solcher Ansprüche liegt darin, dass der Reiseveranstalter meist in Deutschland sitzt, einigermaßen zeitnah antwortet und Zahlung leistet. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, kann über ein Gerichtsverfahren und erforderlichenfalls eine Vollstreckung hier in Deutschland das Geld relativ schnell realisiert werden.
Auch ohne Buchung einer Pauschalreise, z.B. bei isolierter Buchung eines Fluges und einer Unterkunft, können betroffene Passagiere Ansprüche aber auch direkt gegen das Flugunternehmen richten. Grundlage für solche Ansprüche ist die Europäische Fluggastrechteverordnung. Sie gewährt bei einer Verspätung oder einer Annullierung eine pauschale Entschädigung. Die Höhe hängt von der Entfernung des geplanten Fluges und der Dauer der Verspätung ab und beträgt zwischen 250 € und 600 € pro Person. Dieser Weg führt oft zu höheren Entschädigungen als die zuvor geschilderten Ansprüche gegen den Reiseveranstalter.
Im Falle der betroffenen Saarbrücker Passagiere ist es so, dass nach Erfahrung des Unterzeichners die Durchsetzung solcher Ansprüche bis zum tatsächlichen Erhalt der Entschädigung lang und schwierig werden dürfte: SmartLynx reguliert diese Ansprüche gerade nicht wie versprochen unbürokratisch, sondern antwortet auf schriftliche Anfragen an die Heimatadresse in Estland überhaupt nicht. Bei Versendung der Schreiben per Mail kommt als Standardantwort nur der Hinweis, dass die Ansprüche über die Webseite des Flugunternehmens angemeldet werden müssten und dies auch nur der Betroffene selbst tun könne (also kein Bevollmächtigter), was falsch ist, da es eine solche Vorgabe nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung überhaupt nicht gibt. Im Ergebnis ist bislang in keinem Fall, der dem Unterzeichner bekannt ist, eine solche Entschädigung gezahlt worden, obwohl nach der Rechtslage ein solcher Anspruch ganz klar besteht. So war in einem Fall der Flug verspätet in Saarbrücken losgegangen, weil erst auf dem Rollfeld kurz vor Abflug festgestellt wurde, dass das maximale Gewicht des Flugzeugs inklusive Passagiere und Gepäck überschritten war. In einem anderen Fall startete das Flugzeug vom Ausgangsflughafen mangels ausreichendem Personal überhaupt nicht.
Nach der Europäischen Fluggastrechteverordnung führen aber nur außergewöhnliche Umstände dazu, dass eine Entschädigung nicht gezahlt werden muss. Üblicherweise zählen hierzu besonders widrige Wetterverhältnisse, Streiks des Personals sowie andere Vorkommnisse, die man gemeinhin als höhere Gewalt ansehen würde. Es liegt auf der Hand, dass dies in den geschilderten Fällen nicht vorlag. Offensichtlich will SmartLynx die Sache aussitzen in der Hoffnung, dass viele Passagiere sich nicht trauen, vor Gericht zu ziehen. Zuständig wäre hier das Amtsgericht Saarbrücken. Problematisch wird jedoch die Vollstreckung, wenn nach einem Urteil das Unternehmen nicht freiwillig Zahlung leistet. Dann muss die Vollstreckung länderübergreifend in Estland versucht werden mit ungewissen Aussichten. Es bleibt nur zu hoffen, dass durch entsprechenden Druck der Landesregierung sowie der Medien das Flugunternehmen einlenkt und nicht in Insolvenz gerät.
Aber auch am Flughafen Frankfurt und anderen Flughäfen in Deutschland gibt es ähnliche Probleme. Neben Flugausfällen und Verspätungen kommt es mitunter aber auch zu Problemen bei der Gepäckbeförderung. So mussten die Gäste teilweise bei Ankunft am Urlaubsort feststellen, dass das Gepäck fehlgeleitet wurde oder beim Rückflug der Koffer nicht wie gewohnt am Gepäckband lag. Medien berichten, dass sich in manchen Flughäfen Koffer und Reisetaschen stapeln, die fehlgeleitet wurden. Auch hier haben Passagiere Ansprüche auf Entschädigung, die sich nach dem sogenannten Montrealer Abkommen richten und Ansprüche bis zu maximal ca. 1200 € gewähren.
Vermutlich werden die Probleme an den Flughäfen noch einige Zeit andauern, weil nicht genügend Bodenpersonal, Flugbegleiter usw. vorhanden sind. Diese wurden in der letzten Hochphase der Corona-Pandemie von den Flugunternehmen entlassen, sodass diese in andere Branchen abgewandert sind. Umso mehr sollten Passagiere über ihre Rechte und Ansprüche bei Problemen hiermit Bescheid wissen.