Wann muss ein Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?

In mei­ner Pra­xis als Fachan­walt für Ar­beits­recht wer­de ich des Öf­te­ren mit der fal­schen Rechtsmei­nung kon­fron­tiert, dass ein Ar­beit­ge­ber, der ei­nem lang­jäh­ri­gen Mit­ar­bei­ter frist­ge­mäß kün­digt, die­sem ei­ne Ab­fin­dung zah­len muss. In den we­nigs­ten Fäl­len hat ein Ar­beit­neh­mer ge­gen­über sei­nem Ar­beit­ge­ber, der ihn or­dent­lich, d.h. un­ter Ein­hal­tung der Kün­di­gungs­frist kün­digt, je­doch ei­nen ge­setz­li­chen An­spruch auf Ab­fin­dung.

Einen vertraglichen Anspruch auf eine Abfindung gibt es nur in Ausnahmefällen, wenn die Abfindung beispielsweise in Verträgen wie Arbeitsvertrag, Tarifvertrag oder auch in einem  Sozialplan vereinbart ist. Eine solch glückliche Situation  haben jedoch die wenigsten Arbeitnehmer.

Ein ge­setz­li­cher Fall des An­spruchs des Ar­beit­neh­mers auf Ab­fin­dung im Fal­le ei­ner Kün­di­gung ist in § 1 a  Kün­di­gungs­schutz­ge­setz ge­re­gelt.

Voraussetzung dazu ist, dass das Kündigungsschutzgesetz überhaupt anwendbar ist. Das ist immer dann der Fall, wenn der Arbeitgeber mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt.

Weiter muss eine betriebsbedingte Kündigung vorliegen. Liegen diese beiden Voraussetzungen vor,   kann der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Kündigungsschreiben eine Abfindung in Höhe eines halben Monatsverdienstes pro Beschäftigungsjahr versprechen, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung akzeptiert und er innerhalb einer Frist von drei Wochen gegen die Kündigung keine Klage vor dem Arbeitsgericht erhebt.

Mei­ne Er­fah­rung zeigen jedoch, dass die Ar­beit­ge­ber von die­ser Mög­lich­keit des Gesetzes so gut wie keinen Gebrauch machen.

Dennoch scheiden viele Arbeitnehmer bei ihrem Arbeitgeber aus und erhalten eine Abfindung. Diese Abfindungszahlungen sind jedoch nicht Folge eines gesetzlichen oder vertraglichen Anspruchs. Sie sind vielmehr das Ergebnis einer Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers vor dem Arbeitsgericht und die Konsequenz der besonderen Risikoverteilung eines solchen Prozesses.

Der Arbeitgeber trägt nämlich das Risiko des sog. Annahmeverzugslohns. Dies bedeutet der Arbeitgeber muss, wenn das Gericht nach einer längeren Verfahrensdauer die Unwirksamkeit der Kündigung feststellt, den bis dahin angefallenen Lohn des Arbeitnehmers zahlen, obwohl dieser nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr für ihn gearbeitet hat. Dazu kommt, dass der gekündigte Arbeitnehmer dann immer noch bei ihm beschäftigt ist. Diesem Risiko wollen die meisten Arbeitgeber entgehen und sind bereit Abfindungen zu zahlen.

Dabei muss man wissen, dass es für einen Arbeitgeber oft sehr schwierig ist, einem Arbeitnehmer rechtswirksam zu kündigen, da der Gesetzgeber die Möglichkeiten zu kündigen zum Schutz des Arbeitnehmers erheblich eingeschränkt hat, was die Chancen eines Arbeitnehmers auf Zahlung einer Abfindung erhöht.

Im Wege eines sogenannten Abfindungsvergleich vor dem Arbeitsgericht erhält der Arbeitnehmer daher oft eine Abfindungszahlung und der Arbeitgeber die Gewissheit, den Arbeitnehmer zum genannten Kündigungszeitpunkt auch los zu werden.

Für den Arbeitnehmer ist es wichtig, dass er innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben muss. Ansonsten wird  die Kündigung drei Wochen nach Zugang bestandskräftig. Wenn er dazu die finanziellen Mittel nicht hat, hat er die Möglichkeit mit Erhebung der Kündigungsschutzklage Prozesskostenhilfe zu beantragen.

 

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