Die Rechtsprechung gesteht den Versicherungsgesellschaften eine „angemessene“ Prüfungsfrist vor möglichen Zahlungen zu. Eine genaue Angabe des Prüfungszeitraums ist von den Umständen des Einzelfalles abhängig. Die derzeitige Rechtsprechung kann wie folgt zusammengefasst werden:
Die Prüfungsfrist beginnt nicht am Unfalltag, sondern frühestens mit der Angabe des Unfallherganges und der Bezifferung der Höhe der einzelnen Ersatzansprüche.
Kommt es bei der Bezifferung einzelner Schadenspositionen zu Verzögerungen, beispielsweise bei der Bezifferung der Höhe des Schmerzensgeldes, weil Arztberichte noch nicht vorliegen, kommt es auf den Zeitpunkt der Bezifferung des ersten Anspruchs an.
Manche Gerichte lassen die Prüfungsfrist erst beginnen mit der Übersendung der Dokumente (Gutachten oder Rechnungen), die die Höhe der einzelnen Schadenspositionen belegen.
Wechselt man von der Abrechnung auf Gutachtenbasis (fiktive Abrechnung) auf die Abrechnung durch Vorlage von Rechnungen (konkrete Abrechnung), beginnt nach einem Urteil des OLG Koblenz eine neue Frist.
Verzögerungen durch Einsichtnahme des Versicherers in die Ermittlungsakte werden von den meisten Gerichten nicht anerkannt, erst Recht nicht, wenn man dem Versicherer eine von der Polizei vorab gefaxte Unfallanzeige weiterleitet.
Früher war eine Überprüfungszeit von etwa 4-6 Wochen gängig; heute geht die Tendenz der Gerichte, den Prüfungszeitraum auf 2-3 Wochen, maximal 4 Wochen in Standardfällen zu verkürzen.
Nach Ablauf der Prüfungsfrist besteht Verzug des Versicherers und es können Verzugszinsen geltend gemacht werden, wenn den Versicherer ein Verschulden an der verzögerten Zahlung trifft. Fordert der Versicherer zu Recht weitere Belege an, kommt er nicht in Verzug.
Bei rechtlich komplizierteren Sachverhalten kann sich die Prüfungsfrist auch auf 6 Wochen verlängern. Bei einem Inlandsunfall mit einem Ausländer wurde vom Landgericht Saarbrücken auch eine Prüfungsfrist bis 2 Monate eingeräumt.
Erst nach Ablauf der Prüfungsfrist besteht Anlass zur Klage. Ob die Einreichung einer Klage im Ergebnis nicht zu weiteren Verzögerungen führt, als die Weiterverfolgung der Ansprüche im außergerichtlichen Verfahren, kann nicht pauschal beantwortet werden. Durch die außergerichtlichen Zahlungen vermindert sich in jedem Fall das Prozessrisiko und bei vorschneller Einreichung einer Klage vor Ablauf der Prüfungsfrist bei einem sofortigen Anerkenntnis des Versicherers, die angefallenen Gerichtskosten selbst tragen zu müssen.